Solidarität mit Gabriele Kanze!
Informationen zum Prozess in Madrid am 29.11.2004




Spendenaufruf Solidarität braucht finanzielle Mittel!

Spendenkonto:
Rechtsanwältin
Petra Schlagenhauf
Kt.Nr. 899 92 29 80
Commerzbank Berlin
BLZ: 100 400 00
Verwendungszweck: Gabriele Kanze


Kontakt
Wenn Sie mit uns
Kontakt aufnehmen wollen, mailen Sie
bitte an:

kanze-info@so36.net
|| start || aktuell || hintergrund || download || kontakt ||

Spaniens Folterpraxis vor der UNO

<< zurück

Interview mit Iņigo Elkoro, Sprecher und Anwalt vom baskischen Antifolterkomitee TAT (Torturaren Aurkako Taldea)

Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg Spanien verurteilt, weil es Folteranzeigen von 15 Katalanen aus dem Jahr 1992 nicht einmal untersucht hat. Was bedeutet das?

Das ist sehr wichtig. Wir haben immer gesagt: eine Basis für die Fortdauer der Folter im spanischen Staat ist, dass nicht gegen die Folterer ermittelt wird. Das wurde jetzt durch Straßburg bestätigt. Es gibt uns weitere Möglichkeiten dagegen vorzugehen und einige Fälle von uns sind ohnehin in Straßburg anhängig.

Erst letzte Woche hat der Sonderberichterstatter der UNO für Folter Theo van Boven vor der UNO - Vollversammlung seinen Bericht vorgestellt. Er erklärte: "Gefoltert wird an vielen Orten, auch in Europa, wenn es um Fragen der Selbstbestimmung geht wie der Basken in Spanien und der Kurden in der Türkei ". Wie bewertet TAT diese Vorwürfe?

Das war ein schwerer Schlag für den spanischen Staat, dass die Anklagen wegen Folter nun auch in der UNO-Vollversammlung behandelt werden. Der Bericht drückt die extreme Besorgnis aus, die der spanische Staat mit seinen Aktivitäten hervorruft und fordert zu Handlungen auf. Er basiert auf einem persönlichen Besuch Bovens, wo er hier mit Folteropfern und den zuständigen Behörden gesprochen hat. Für uns ist es sehr wichtig, dass die höchste Autorität in der UNO für Folter den spanischen Staat angreift.

Er sagte: "Folter und Misshandlungen sind keine systematische Praxis in Spanien", fügte aber an, "mehr als sporadisch wird auf Praktiken wie Folter, Misshandlungen, grausame oder unmenschliche Behandlung zurückgegriffen". Wie bewertet TAT die Lage?

Unserer Meinung nach wird die Folter systematisch verwendet. Dabei geht es uns nicht so sehr um die Zahl der Fälle, wo es im Baskenland viele gibt. Es geht um das System, das um den Nationalen Gerichtshof herum besteht und eine straffreie Folter erlaubt. Da ist die Kontaktsperre, wenn ein Verhafteter nach dem Anti-Terror Gesetz tagelang keinen Kontakt zu seinem Anwalt, Arzt oder Familie hat. Wenn man bedenkt, in welchem diplomatischen Rahmen van Boven sich bewegt, ist es enorm, wenn er fast von systematischer Folter spricht.

Was bedeuten die Reaktionen des spanischen UNO-Botschafters, der den Bericht als "falsch, inakzeptabel und ungerecht" abwertet?

Das ist normal. Vorwürfe gegen Verletzungen der Menschenrechte negieren sie stets. Nicht einmal die diplomatischen Formen werden dann gewahrt. Dabei ist Boven auf Einladung der spanischen Regierung gekommen und nun akzeptieren sie seine Ergebnisse nicht.

Gibt es Veränderungen seit dem Regierungswechsel im März zu den Sozialisten?

Nein, absolut nicht. Die Sozialisten hatten vor der Machtübernahme der Volkspartei 1996 die Folter abgestritten und machen das heute wieder. Zu erinnern sei an die Todesschwadron GAL, die es in den 80er Jahren unter den Sozialisten gab. Es gibt einen roten Faden in deren Handlungen und es scheint, daran wird sich auch nichts ändern.

Artikuliert sich das auch praktisch?

Es gibt bei allen Verhaftungen der letzten Zeit Folteranzeigen. Eine Person musste mit dem Krankenwagen nach der Kontaktsperre zum Gericht gebracht werden, eine andere hat einen Selbstmordversuch begangen, um der Folter zu entgehen. Gerade befinden sich sieben Basken nach Verhaftungen am Dienstag in der Kontaktsperre, die auf Grund von Aussagen verhaftet wurden die andere davor unter Folter gemacht haben. Wir befürchten schlimmes.

Hat sich am Umgang mit den Folterern etwas geändert?

Auch nicht. Die Regierung der Volkspartei hat in ihrer Regierungszeit 14 verurteilte Folterer begnadigt. Einer der ersten Akte der Sozialisten war, den General der Guardia Civil Enrique Rodríguez Galindo nach ein paar Jahren aus dem Gefängnis zu holen, der wegen Folter und Mord an zwei Basken verurteilt wurde.

Was ist wichtig, um die Folter zu beseitigen?

Zunächst muss das System der Kontaktsperre abgeschafft werden, weil es garantiert, dass in den Kerkern alles gemacht werden kann und es später kaum zu beweisen ist. Wenn dieses System beseitig ist, gibt es viel mehr Kontrollmöglichkeiten. Es gibt aber noch andere Elemente: Eine wirkliche, unabhängige und objektive Untersuchung der Folteranzeigen und die Abschaffung der faktischen Straflosigkeit der Folterer. Natürlich sind hier auch die Kommunikationsmedien zu nennen, die oft die Folteranzeigen verschweigen.

Š Ralf Streck Hernani, den 03.11.2004


<< zurück

  Infomaterial zum Download >> weiter