Solidarität mit Gabriele Kanze!
Informationen zum Prozess in Madrid am 29.11.2004




Spendenaufruf Solidarität braucht finanzielle Mittel!

Spendenkonto:
Rechtsanwältin
Petra Schlagenhauf
Kt.Nr. 899 92 29 80
Commerzbank Berlin
BLZ: 100 400 00
Verwendungszweck: Gabriele Kanze


Kontakt
Wenn Sie mit uns
Kontakt aufnehmen wollen, mailen Sie
bitte an:

kanze-info@so36.net
|| start || aktuell || hintergrund || download || kontakt ||

Zur aktuellen Situation von Gabriele Kanze

<< zurück

von Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf, August 2004

Gabriele Kanze wurde im März 2002 auf Grund eines internationalen Haftbefehls aus Spanien bei der Einreise in die Schweiz auf dem Weg nach Italien festgenommen und befand sich dort bis zu ihrer Auslieferung im Januar 2003 in Auslieferungshaft. In dem Haftbefehl wurde ihr vorgeworfen, zur Unterstützung eines ETA-Kommandos mit einer anderen Person Wohnungen in Barcelona angemietet und Waffen und Sprengstoff besessen zu haben.

Gabriele Kanze hat diese Vorwürfe immer bestritten.


Im Auslieferungsverfahren war von der Verteidigung von Gabriele Kanze vorgetragen worden, dass:

- sich bereits aus den Akten ergibt, dass die tatsächlichen Behauptungen nicht zutreffend sind (es gibt lediglich einen von Gabriele Kanze im Jahr 1993 unterzeichneten Mietvertrag zu einer Wohnung, in der sich weder Waffen noch Sprengstoff befanden, festgestellt durch sowohl spanische als auch das deutsche Ermittlungsverfahren);

- die spanischen Ermittlungsbehörden 1994 die Strafverfolgung an die deutschen Strafverfolgungsbehörden übertragen und damit sich ihrer Zuständigkeit begeben haben;

- das deutsche Ermittlungsverfahren mangels Tatverdacht gem. § 170 Abs. 2 StPO 1998 eingestellt worden ist (wegen Waffen- und Sprengstoffbesitzes);

- Gabriele Kanze sich zu dem Zeitpunkt der angeblichen Tat (April 1994) längst nicht mehr in Spanien befand, sondern seit Herbst 1993 in Berlin gearbeitet hat bis zu ihrer Verhaftung;

- die angeblichen Beweise im spanischen Ermittlungsverfahren durch Folter und Misshandlung eines im dortigen Verfahren Beschuldigten erlangt worden sind.

Trotz dieser Ungereimtheiten in der spanischen Vorgehensweise hat die Schweiz Gabriele Kanze ausgeliefert.

Gabriele Kanze ist die jetzige Ehefrau von Benjamin Ramos Vega, der 1996 von Deutschland nach Spanien ausgeliefert wurde und dort wegen Unterstützung der ETA 1997 verurteilt worden ist; jedoch nicht wegen der angeblich zusammen mit seiner damaligen Freundin und jetzigen Ehefrau Gabriele Kanze begangenen Tathandlungen. Benjamin Ramos Vega ist wegen der diesbezüglichen Tatvorwürfe in seinem eigenen Verfahren freigesprochen worden. Der spanische Haftbefehl gegen Gabriele Kanze gibt einen vorgeblichen Tatverdacht mit dem Stand von 1994 wieder und ignoriert nicht nur Tatsachen, sondern auch die Entwicklung nach 1994 vollständig, insbesondere die Ergebnisse des Verfahrens gegen ihren jetzigen Ehemann.

Seit ihrer Auslieferung Anfang Januar 2003 befindet sich Gabriele Kanze in Untersuchungshaft in Spanien, zunächst in Madrid, inzwischen in Brieva/Avila. Nach spanischem Strafprozessrecht kann die Untersuchungshaft zunächst für zwei Jahre (!) angeordnet werden, ohne dass eine zwischenzeitliche erneute Überprüfung erforderlich wäre. Diese Untersuchungshaft ist dann auch noch einmal zwei Jahre verlängerbar. Für Gabriele Kanze begann nach spanischem Recht die Zweijahresfrist erst ab ihrer Haft in Spanien zu laufen. Somit befindet sie sich inzwischen insgesamt mehr als zwei Jahre in Haft, regulär ist ihre Untersuchungshaft aber erst im Januar 2005 zu überprüfen.

Die Verteidigung von Gabriele Kanze hat sofort nach ihrer Überstellung nach Spanien Beweis angetreten dafür, dass sich Gabriele Kanze zum Tatzeitpunkt (April/Mai 1994) schon seit Monaten nicht mehr in Spanien aufgehalten hat, sondern in Berlin einer Arbeit nachging und studierte. Der unmittelbar nach Auslieferung eingelegten Haftbeschwerde wurde dennoch nicht stattgegeben.

Es ist aus der Sicht der Verteidigung skandalös, dass einerseits die Grundlage der derzeitigen Untersuchungshaft Behauptungen sind, die durch ein spanisches Strafverfahren (gegen ihren Ehemann) bereits in dieser Form nicht haltbar sind, und andererseits die Untersuchungshaftzeit ohne Verhandlung nach spanischem Recht so lange dauern, dass bald davon geredet werden kann, dass ohne Urteil die Strafe bereits überwiegend vollstreckt wurde. Die Unschuldsvermutung, die Gabriele Kanze für sich in Anspruch nehmen darf, wird so vollkommen ausgehebelt.

Im April 2004 wurde die im Dezember 2003 erstellte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft den Verteidigerinnen von Gabriele Kanze zur Stellungnahme zugestellt, die inzwischen abgegeben wurde. Die Staatsanwaltschaft wirft Gabriele Kanze Waffen- und Sprengstoffbesitz sowie die Unterstützung einer bewaffneten Bande vor. Für das erste Delikt schlägt sie ein Strafmaß von je acht Jahren, für das zweite Delikt von sechs Jahren vor.

Hierzu ist folgendes zu bemerken:


Die Verfolgung von Gabriele Kanze wegen Waffen- und Sprengstoffbesitzes ist aus den oben genannten Gründen rechtlich nicht mehr zulässig, aber auch nicht einmal ansatzweise mit Beweisen belegt. Waffen und Sprengstoff wurden in keiner Wohnung gefunden, die Gabriele Kanze angemietet haben soll. Weitere "Beweise" werden nicht angeführt.

Zu der Frage, ob Gabriele Kanze ein Kommando der ETA unterstützt hat, wird dies von der Staatsanwaltschaft dadurch behauptet, dass in einer Wohnung, die Gabriele Kanze 1993 angemietet haben soll, im Jahr 1994 sich Mitglieder eines Kommandos von ETA aufgehalten haben sollen. Gabriele Kanze war nachweislich seit Oktober 1993 nicht mehr in Barcelona. Die Verteidigung hat für diese Tatsache nicht nur Zeugenbeweis angeboten, sondern auch die Gehaltsnachweise von Gabriele Kanze ab Oktober 1993 als Beweismittel eingereicht.

Die Staatsanwaltschaft behauptet diese "Unterstützung", ohne sie konkret darzulegen oder Beweismittel konkret dazu anzuführen.

Die Verhandlung gegen Gabriele Kanze wird am Montag, dem 29. November 2004, 10.30, in der Audiencia Nacional in Madrid beginnen. Vermutlich wird der Prozess nur wenige Tage dauern. Angeklagt ist Gabriele Kanze wegen Unterstützung einer bewaffneten Bande und Waffen- und Sprengstoffbesitzes.

Gabriele Kanze befindet sich seit Januar 2003 in Untersuchungshaft ohne Verhandlung; zuvor befand sie sich nach ihrer Inhaftierung im März 2002 an der Schweizer Grenze in Auslieferungshaft in der Schweiz. Sie ist also derzeit seit mehr als zweieinhalb Jahren inhaftiert.

Die Verteidigung begrüßt es, wenn möglichst viele Personen als Zuschauer an der Verhandlung gegen Gabriele Kanze teilnehmen, insbesondere auch Vertreter der Medien. Sie ruft dazu auf, dem Prozess größte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, um zu verhindern, dass gegen Gabriele Kanze zu Unrecht eine Verurteilung ergeht.


Petra Isabel Schlagenhauf
Rechtsanwältin und Mitverteidigerin von Gabriele Kanze

<< zurück

  Infomaterial zum Download >> weiter